Handbuch zum
Weiterdenken

 

Suchen

Entdecken

Probieren

Zeigen

Reden

Entwickeln

Die vorliegende Publikation entwickelt einen Leitfaden zum städtebaulichen Entwerfen. Dieser Leitfaden dient der gegliederten Übersicht zu den verschiedenen Aspekten der sogenannten »Phase Null« bei Planungsvorhaben in Städten, Gemeinden und Kommunen. Die sechs Leitbegriffe Suchen, Entdecken, Probieren, Zeigen, Reden und Entwickeln gliedern das städtebauliche Entwerfen im Allgemeinen und veranschaulichen dies im Besonderen am Beispiel des Areals am alten Leipziger Bahnhof Dresden.

Was ist überhaupt ein Ort? Definiert er sich durch ein Zentrum oder über seine Ränder? Welche Spuren der Geschichte erzählen von alten und neuen Qualitäten? Welche Bedingungen weist ein Bauplatz auf? Die Suche bewirkt das Ausfindigmachen des Ortes überhaupt.

Die konventionelle Analyse erweitern wir hin zum freien Entdecken neuer Bezüge. Statistiken, Gutachten und alte Planungen erfassen die greifbaren Fakten zum Nachdenken. Historische Dokumente, eine fotografische Dokumentation, Ortserkundungen oder Hör- und Fühlbares verbessern unser Ortsverständnis. Das Entdecken des Ortes erfasst und visualisiert Potenziale und Probleme für das weitere Handeln.

Versuche zum Entwerfen rücken in den Fokus. Hier schieben wir buchstäblich Klötzchen. Wir überprüfen klassische Typologien und experimentieren mit freien Raumformen – Was geht noch? Das Probieren ermutigt zu Visionen, verdeutlicht Grenzen und ermöglicht das weitere Bewerten. Daraus entwickeln sich Leitbilder mit Modellen, Plänen und Bildern der Ideen für die Zukunft.

Öffentliche Ausstellungen bieten sich zum Vermitteln von Ideen an. Dazu gehört das Auffächern der Teilschritte, das Darstellen der Analyse und das plausible Vereinfachen von Komplexität. Aus der niederschwelligen Möglichkeit zur Meinungsäußerung entsteht für alle Beteiligten eine gemeinsame Gesprächsgrundlage. Das Ausstellen fördert in der »Phase Null« einen neutralen Blick und führt alle Akteur*innen zusammen.

Öffentliche Diskussionen offenbaren Haltungen und Bedürfnisse der Bürger*innen. Expert*innen setzen die fachlich geleitete Meinungsbildung in Gang. Die teils konträren Haltungen der Beteiligten regen einen gemeinsamen Verhandlungsprozess an – Entscheidend ist das miteinander reden!

Eine gemeinsam getragene Idee zur Entwicklung sollte sowohl Festlegungen, als auch Vorschläge zur Gliederung, sowie Zwischennutzungen integrieren. Was steht fest und was soll sich erst entwickeln? Einigen Antworten sind wir hier auf der Spur. 

1|Suchen

Ort

Eine brach liegende Fläche weckt die Fantasie und lässt fragen: »Was wäre, wenn…?« So, oder so ähnlich hat vermutlich jeder städtebauliche Wettbewerb, jede Entwicklung einer Konversionsfläche oder jede Baulücke begonnen.

Die Summe der Chancen, Risiken und Hindernisse, der Charakter und die Geschichte, die Ausstrahlung, nicht zuletzt auch die Lage lassen einen Ort als Inspirationsort strahlen. Die Geheimnisse und Mythen sowie die wirklichen Geschehnisse durchdringen den Raum durch Zeichen und Spuren. Sie lassen sich erahnen, entdecken, wiederbeleben und erinnern. Der Ort strahlt etwas aus, das ihn besonders macht.

Der Ort lässt sich fassen und neu erfinden: seine Eigenschaften, seine Bauten, Freiräume und prägnanten Elemente können als Vorgefundenes zu Neuem inspirieren. Der Ort »spricht« zu uns und wir messen den Erzählungen einen Wert bei.

2|Entdecken

Analyse

Die komplexen Eigenschaften des Gebietes um den Alten Leipziger Bahnhof beleuchten wir in verschiedenen Aspekten: Eine Reihe von Statistiken zum Wohnen und Leben in der Stadt Dresden, die spannende Geschichte des Ortes in Bildern, einem Zeitstrahl und Grafiken, die bemerkenswerten Eigenheiten von Flora und Fauna, sowie die besonderen Fundstücke verschaffen einen Eindruck, der sich vor allem durch Vielfalt auszeichnet. 

Diese Vielfalt besteht in der Verknüpfung von Bedürfnissen einer Stadtgesellschaft mit den produktiv anregenden Überschneidungen der Vielschichtigkeit des Ortes. Räumliche Karten veranschaulichen diese Aspekte für die Analyse eines Gebietes. Das muss verständlich aufbereitet werden um Beteiligung zu ermöglichen. 

Das Anregen zum Mitdenken von interessierten Laien verwirklicht die Idee von Partizipation. Wir haben sie befragt und auf Notizzetteln versammelten sich interessante, teils provokante und einfallsreiche Hinweise, Wünsche und Vorschläge für die Zukunft des Areals.

3|Probieren

Ideen und Leitbilder

Die Einflüsse animieren zu neuen Überlegungen. Wir probieren Strategien aus und entwickeln Atmosphären. Wir variieren, modellieren und denken neu. Das führt zu Optionen zur Gliederung des Raumes oder mündet in Projektvorschläge.

Die studentischen Beiträge verschiedener Jahrgänge in den beiden Studiengängen Architektur und Landschaftsarchitektur an der Fakultät Architektur der Technischen Universität Dresden besitzen trotz unterschiedlicher Darstellungsweisen und Bearbeitungstiefen eine Gemeinsamkeit: Sie zeigen Ideen und Leitbilder. Entwicklungspotentiale, aber auch damit verbundene Restriktionen werden erkennbar. Die bloße Brachfläche füllt sich mit beinahe greifbaren Bildern. Alles Gedachte bekommt einen Maßstab, wird vergleichbar und kann zu vertrauten Situationen in ein Verhältnis gesetzt werden.

Daraus entsteht eine verständliche und zugängliche Diskussionsgrundlage für die breite Öffentlichkeit sowie für Planer*innen und Entwickler*innen. Ein Dialog auf Augenhöhe dient der Stadtgesellschaft und der Politik zu einer abgestimmten Meinungsbildung noch vor dem ersten Planungsbeschluss, die für alle Handlungssicherheit bedeutet.

4|Zeigen

Ausstellung

Eine Präsentation der Ideen und Leitbilder ermöglicht allen Interessierten einen gegliederten Überblick. Es entstehen Gespräche über einzelne Ideen und wir entwickeln gemeinsame Vorstellungen. 

Die Ausstellung der Technischen Universität Dresden im Zentrum für Baukultur Sachsen (ZfBK) im Sommer 2019 bündelte Eindrücke aus der Analyse, eine Vielzahl von Modellen und Plänen, eine Bilderschau mit Impressionen vom Ort, ein großformatiges begehbares Luftbild des Areals gedruckt auf Textil in der Mitte des Ausstellungsraums sowie einen Hörbeitrag. Diese veranschaulichten den Ort und zeigten die Gedanken der angehenden Planer*innen. Das anregende und multimediale Vermitteln von Themen und Vorschlägen vereinfacht den Zugang zu komplexen Fragen für Laien und ermöglicht Mitsprache und Beteiligung. 

Die Ausstellung ging aus einer Kooperation des Instituts für Städtebau und Regionalplanung mit der Professur für Darstellungslehre der Fakultät Architektur der Technischen Universität Dresden hervor.

5|Reden

Podiumsdiskussion

Im Rahmen der Ausstellung veranstaltete die Bürgerinitiative „Wohnen am Leipziger Bahnhof“ mit dem Institut für Städtebau und Regionalplanung eine Podiumsdiskussion mit dem Titel: »Wer bestimmt eigentlich wie wir wohnen? – Akteure im Gespräch«. 

Ein vielfältiger Blick auf das Planungsgeschehen im Allgemeinen klärte auf, welche Akteur*innen an einem Planungsprozess in einer Stadt beteiligt sind. Anschaulich verdeutlichen sich dabei die jeweiligen Absichten und Spielräume, aber auch Grenzen. Ein Stadtplaner, ein Immobilienökonom, eine Beteiligte der Bürgerinitiative und zugleich Stadträtin in Dresden, sowie ein Mediator für städtebauliche Beteiligungsverfahren diskutierten unter der Moderation einer Landschaftsarchitektin die Ansprüche und Möglichkeiten innerhalb von komplexen Planungsprozessen. 

Wie kann eine Stadt Wohnstandorte für Ihrer Bürger*innen schaffen? Mit welchen Instrumenten der Planung werden Bauvorhaben entwickelt? Wie können sich die Bürger*innen beteiligen und auf die Stadtentwicklung Einfluss nehmen? Wie lassen sich die Akteure im Interessenausgleich zusammenführen? – Reden hilft!

6|Entwickeln

Zukunft

Wie gestaltet sich ein möglicher Entwicklungsprozess? 
Der letzte Abschnitt bietet einen Ausblick in für sich genommen vitale und komplexe Teilschritte und verbindet die Nutzungsintensität, die baulichen Aktivitäten und die Anteilnahme verschiedener Beteiligter. 

Nach dem Vorbild der Arbeit von Eilers/Dieneck der Hochschule Bremen (2017) regen wir in sechs prägnanten Entwicklungsphasen ausgehend vom Ist-Zustand einen mehrstufigen Prozess an. Grundlegend für alle Schritte ist das Einbeziehen verschiedener Akteur*innen aus der Stadt Dresden und dem Freistaat Sachsen – Das kombinieren der Stärken von lokalen und regionalen Potenzialen. 

Tragende Institutionen aus Bildung, Wirtschaft und Kultur vermögen die ansprechende Nutzung des Areals zu befördern und profitieren von den verschiedenen Einzel-Initiativen lokaler Akteur*innen. Die Phasen sind anschaulich in einem übersichtlichen und doppelseitigen Faltposter in der Publikation zum Herausnehmen aufbereitet.

Publikation

Handbuch zum Weiterdenken

Anhand der Ausstellung »Inspirationsort. Alter Leipziger Bahnhof Dresden. Was wäre, wenn…?« im Jahr 2019 im Zentrum für Baukultur Sachsen (ZfBK) entstand unter dem Motto „Handbuch zum Weiterdenken“ eine Kombination aus Lehrbuch und Fallstudie zum städtebaulichen Entwerfen am Areal zum Alten Leipziger Bahnhof Dresden. 

Darin findet sich – gegliedert durch sechs Leitbegriffe – ein Umriss der bisher eher vage definierten »Phase Null« als wichtiger beteiligungsorientierter Vorgriff auf Projekte der Stadtentwicklung und Regionalplanung: Über die Eigenschaften eines Ortes (Suchen) kommen wir zur Analyse (Entdecken), vom spontanen Entwerfen zu ersten Leitbildern (Probieren), vom Präsentieren in der Ausstellung (Zeigen) zum Gespräch darüber in der Podiumsdiskussion (Reden) und im abschließenden Ausblick denken wir den weiteren Werdegang mit Vorschlägen für mögliche Entwicklungsphasen an (Entwickeln). 

Die Publikation versammelt einführende Textbeiträge der Kuratoren und den beteiligten Akteur*innen der Ausstellung und der Podiumsdiskussion, sowie anregende Illustrationen zum Ort und seinen Möglichkeiten. Ein herausnehmbares Faltposter ergänzt die Ideen zum Weiterdenken. 

ISBN: 978-3-95908-518-2

Partner & Unterstützer

Idee und Konzept zum Projekt entstanden auf Anregung von Dipl.-Ing. Thomas Neumayer und Dipl.-Ing. Lennart Senger in Zusammenarbeit mit Dr.-Ing. Felix Greiner-Petter als Kooperation zwischen dem Institut für Städtebau und Regionalplanung (Prof. Manuel Bäumler) und der Professur für Darstellungslehre an der Fakultät Architektur der Technischen Universität Dresden.

Ganz besonders danken wir für die viele Unterstützung durch die Bürgerinitiative »Wohnen am Leipziger Bahnhof« und das Zentrum für Baukultur Sachsen (ZfBK). Wir bedanken uns bei allen Studierenden für Ihre Beiträge. Außerdem danken wir Bildwerk für die Umsetzung der Website.